Der Skandal durch die entsorgten Giftmüllfässer
!! IN BEARBEITUNG !!
Hier entsteht zur Zeit die Aufarbeitung der Geschehnisse über einen der größten Umweltskandale Deutschlands, der sich in Mariadorf abgespielt hatte.
Was: Metallfässer
Größe: 200 Liter
Offizielle Menge: 933 Stück
Inhalt: Chlorwasserstoffe
Verantwortliche Firma: Chemisches Werk
Firmeninhaber: Horst Vanforsch
Firmensitz: Stolberg
Wo abgekippt: Kiesgrube in Mariadorf-Blumenrath
Betreiber der Deponie: Firma Davids
Zeitraum: ca. 1977-1980
"Franz,
kannst Du mir bitte mal verraten, was da in der Kiesgrube passiert, was ist da los?"
Mit diesen Worten wurde der damalige Vorsitzende des Bürgervereins -Franz Herbst- im Jahr 1977 an dessen Gartenzaun von dem Ur-Mariadorfer Heinz Hennes auf die Situation in der Kiesgrube aufmerksam gemacht.
Dadurch kam der Stein ins Rollen
In den nächsten Tagen und Nächten spazierte Franz Herbst nun mehrfach in Richtung des damaligen Mini-Golf-Platzes am Kiesschacht, um sich dabei ein genaues Bild darüber machen zu können, was da in der Grube passierte.
Er musste mit ansehen, wie Metallfässer von einem LKW abgekippt wurden und der Bereich im Anschluss mit einer Planierraupe sofort mit Kies verfüllt wurde.
Es wird ihm klar gewesen sein, dass sich hier ein Umweltskandal noch ungeahnten Ausmaßes abspielt.
Für folgende wichtige Fragen galt es für Franz Herbst dringend eine Antwort zu finden.
Wo kommen die Fässer her?
Was ist da drin?
Wieviele wurden bereits vergraben?
Wieviele kommen noch dazu?
Wer ist dafür verantwortlich?
Wie kann weiteres Abladen verhindert werden?
Es folgte die Aufdeckung des Umwelt-Skandals durch den Bürgerverein, der zu dieser Zeit noch als Interessengemeinschaft Mariadorfer Bürger fungierte.
Doch wie kam es überhaupt zu diesem Umweltdesaster?
Hier ein kurze Historie dazu:
Die in Stolberg ansässige Firma "Chemisches Werk" hatte als Geschäftsmodell die Rückstände aus chemischen Reinigungen durch Destillation aufzubereiten.
Die daraus gewonnenen und wiederverwertbaren Stoffe sollten dann wieder an die Wäschereien zurückgeliefert werden.
Bei dem Vorgang der Destillation sind aber auch Schlämme angefallen, die neben Schwermetallen auch lösliche Zinkverbindungen vor allem den als krebserregend einzustufenden Kohlenwasserstoff „Tetrachlorethen“ (auch Perchlorethylen, kurz PER genannt) enthalten.
Da die Entsorgung dieser giftigen Schlämme sehr kostspielig war, wurden sie einfach in Metallfässer zu je 200 Liter gefüllt.
Auf dem Firmengelände in Stolberg -in der Nähe des Bahnhofs- wurden ca. 20.000 Fässer stümperhaft aufeinander gestapelt und gelagert. Da ein Teil dieser Fässer von diesem Stapelberg bereits runterrollten und die giftigen Stoffe aus den beschädigten Fässern ausliefen, wurde das Umweltamt des Kreises Aachen aufmerksam bzw. vermutlich informiert.
Das Umweltamt stellte fest, dass durch diese Fässer u.a. eine erhebliche und unmittelbare Vergiftungsgefahr für den Saubach bestand. Dieser Nebenarm der Inde grenzte direkt an dem Firmengelände und dem Fässerberg.
Der Betrieb bekam die Auflage, die Fässer sofort fachmännisch entsorgen zu lassen.
Nun war Eile geboten. Da für den Betrieb von Horst Vanforsch die Existenz auf dem Spiel stand, musste eine schnelle Lösung her.
Eine Deponie für Sondermüll lehnte eine Anlieferung dieser Gift-Fracht ab.
Da man bei der Firma nicht mehr weiter wusste, kam die Blumenrather Bauschutt-Deponie Davids in Betracht.
Wodurch der Kontakt zwischen Vanforsch und Davids letztendlich zustande kam, ist nicht bekannt. Möglicherweise über ein Entsorgungsunternehmen, das mit beiden zusammen arbeitete. Es ist aber auch gut vorstellbar, dass das Umweltamt selbst diese Deponie als Endlager und Lösung des Problems im Visier hatte und ins Spiel brachte.
Die Deponie Davids hatte allerdings von der zuständigen Bezirksdirektion Köln bis dahin nur eine Genehmigung, die Kiesgrube mit Bauschutt oder Abfällen aus der Glasindustrie zu füllen.
Hier wurde nun von der Bezirksregierung Köln die Genehmigung kurzfristig erweitert, dass auch die Giftfässer des Horst Vanforsch in Blumenrath vergraben werden dürfen. Die Genehmigung, die dem Bürgerverein übrigens als Kopie im Archiv vorliegt, geht sogar namentlich auf die Vanforsch Giftfässer ein.
Es kann davon ausgegangen werden, dass Verantwortliche des Umweltamtes des Kreises Aachen die zuständige Bezirksdirektion Köln über diese Notsituation der drohenden Umweltgefahr informierten und dabei darauf gedrängt haben, schnellstmöglich die Genehmigungserweiterung für die Deponie Davids ohne weitere Prüfung zu erteilen.
Anders kann man sich das Zustandekommen von diesem behördlich genehmigtem Umweltdesaster nicht erklären.
Es kommt noch erschwerend hinzu, dass die Stadtverwaltung Alsdorf über die Anlieferung der Giftfässer noch nicht mal informiert wurde.
Bei einer geplanten Anlieferung und Entsorgung von ca. 10.000 Giftfässer im Erdreich des Alsdorfer Stadtgebietes, hätte diese Nachricht eigentlich an den Bürgermeister bzw. den damaligen Stadtdirektor gehen müssen.
Da aber zu befürchten war, dass die Sache dadurch unbequem wird, wurde es einfach unterlassen.
Dass es in Mariadorf aber aufmerksame Bürger gibt -insbesondere einen streitbaren Bürgerverein - hatte die Bezirksdirektion Köln anscheinend jedoch nicht auf dem Schirm.
Vermutlich sind sie in Köln fahrlässigerweise sogar davon ausgegangen, dass sich die Kiesgrube in einem abgelegenen sowie uneinsehbaren Bereich befindet und das Abkippen der Fässer tief in einer Grube nicht entdeckt werden kann.
Nach der Aufdeckung durch den Bürgerverein waren nun u.a. die Stadt Alsdorf (insbesondere Stadtdirektor Pohlmann), Parteien der Stadt Alsdorf, die Bezirksdirektion Köln, der Kreis Aachen, der Bürgerverein sowie die Bürgerinitiative "Vorsicht Giftfässer" über Jahre mit diesem Dilemma beschäftigt.
Fortsetzung der Recherche folgt:
Es gründete sich die Alsdorfer Bürgerinitiative "Vorsicht Giftfässer".
Federführend waren Peter Dzinga und Horst-Dieter Heidenreich
Zur 175-Jahr Feier der Bezirksregierung Köln am 23. Mai 1991 marschierte die Initiative als Protestaktion mit einem nachgebildeten Giftfass von Mariadorf nach Köln.
Vorweg: Es konnte damals verhindert werden, dass noch ca. 9.000 weitere Fässer mit Chlorwasserstoffen in Blumenrath entsorgt werden.
Was jedoch nicht gelang war, dass die Fässer geborgen wurden.
Im Klartext: Es befinden sich definitiv 933 -im schlimmsten Fall sogar bis zu 2.500- rostende Giftmüllfässer im Bereich "Am Kiesschacht" ca. 20-30 Meter tief unter Erde.
Eine bis heute tickende Zeitbombe!
Ein Berg Giftmüllfässer!
So katastrophal hatte es auf dem Betriebsgelände der Firma von Horst Vanforsch in Stolberg ausgesehen.
Es bestand sogar die drohende Gefahr, dass der Berg kollabiert, da die unteren Fässer den Druck nicht mehr lange standhalten würden, was zu einer Lawine geführt hätte.
Von Amtswegen wurde die Firma 1980 stillgelegt.
In diesem Bereich oberhalb der Blumenrather Straße befand sich die Kiesgrube.
Die Fässer liegen ungefähr da, wo sich das gelbgoldene Feld schwarz und die hellgrüne Wiese braun färbt
(Zufall?).
Für den Autobahnausbau zwischen Hoengen und Aachen wurde der Kies hauptsächlich verwendet. Die Zulassung zur Bauschuttdeponie erfolgte 1976.
Seitdem wurde Bauschutt sowie Glasbruch der Firma PHILIPS nach Blumenrath zur Verfüllung der Grube gefahren.